Liebespaare die vorüberziehen

Ein Strassenrestaurant in der Flaniermeile in Miami Beach, das Essen ist sehr gut. Es ist früher Nachmittag, unter klassischem, meereshellen Himmel. Mein Tisch steht unter Bäumen, an einer Ecke der reichlich aufgestellten Tische auf der Strasse, sodass ich einen guten Blick über die Nachbartische habe.

Vor mir sitzt eine junge Mädchenfrau allein, sie ist zierlich und sehr hübsch, mit langen braunen Haaren und ein wenig melancholisch. Sie trinkt nur was und eine SMS kommt und kommt scheinbar nicht auf ihrem Handy an .

Dahinter an dem Tisch nehmen drei Mittzwanziger Platz, zwei bildhübsche Kerle, einer blond und „smooth“ wie man hier so schön sagt, der andere bleich und schwarzhaarig mit Dreitagebart, beide sehr breitschultrig und wohlgebaut, eigentlich ein herrliches Paar, dazu die hübsche „beste Freundin“. Die Jungs sitzen mit dem Rücken zu mir und der Schwarzhaarige rückt noch etwas näher an seinen Liebsten heran, – der aber unterhält sich viel angeregter mit der besten Freundin, die ihm gegenüber sitzt und ich denke, der Dunkle weiß noch nicht, das der Blonde ihn schon aus seinem Herzen sortiert hat (…Du hast kein Herz Jonny ? ), wir können es sehen, aber er hat noch Hoffnung, doch die Rücken erzählen etwas anderes, je näher sich der dunkle Rücken zum Blonden neigt, biegt der Blonde sich weg, es sind kleine traurige Zentimeter, einer unausweichlichen Choreographie der Herzen.

Rechts von mir hat ein anderes Paar Platz genommen, junger Mann und junge Frau Anfang zwanzig, beide dunkelhaarig, die sich zusammen was Schönes gönnen, ihre Geschichte schreiben Beide keine Schönheiten, aber jung und auf ihre Art sympathisch. Gesprächsstoff gibt es scheinbar wenig, sie sitzen sich gegenüber, obwohl sie auch nebeneinander sitzen könnten. Der Mann sitzt so, dass ich sein Gesicht sehen kann, er hat hübsche braune Augen. Während ich meinen Salat mampfe, sehe ich, das er immer wieder einen sehnsüchtigen Blick zu der Zierlichen, Melancholischen rüberwirft, man könnte es fast schon geile Blicke nennen, – Ich denke: „Junge diese Blicke kann auch Deine Freundin sehen …“ Aber ich kann ihr Gesicht nicht sehen und ihr Körper sitzt grade und ruhig da, irgendwie thronend. Sie hat die Blicke gesehen, aber es beunruhigt sie nicht sichtlich.

Die Melancholische ist Blicke gewohnt und in Gedanken ganz woanders, sie schaut eher hin und wieder flüchtig zu mir.

Ich mampfe Salat. Jetzt steht die Frau vom blickenden Mann auf und geht in Richtung Waschraum Sie hat schöne Beine und einen Prachthintern, aber wie soll ich sagen, ein Muttigesicht … Während sie fort ist schaut er wieder zur Melancholischen und ich fange seinen Blick ab und wir schauen uns länger ruhig und tief in die Augen, er weicht auch nicht aus, als hoffe er in meinen Augen etwas zu finden – eine Antwort, eine Lösung, ein Simsalabim, das alles verändert und er weiß was ich sehe, den Jungen der gewählt hat und sich was anderes träumt und es fühlt sich fast so an, als täte ihm unser langer, freier Blick gut. Seine Freundin kommt zurück und sie wechseln ein paar Worte auf vertraute Art und der lächelt sie an und ich denke, ja genau, so lächelt man seine Schwester oder einen Bruder an, liebevoll und funkenfrei, sie haben vielleicht beide gut gewählt.

Dann zahlen wir, Einer nach dem Anderen und gehen unserer Wege . Ich drehe eine Schleife um die Tische des Eiscafes gegenüber und komme noch einmal an den
beiden schönen Männer vorbei, die ihre Fahrräder geholt haben. Es wird verhandelt, abgehandelt, ich höre nur ein paar Wortfetzen … may be later …afternoon … dont know … to do – Der Dunkle hat diese sanfte Angebotsstimme … leise flehen meine Lieder. Der Blonde ist ein Jäger, ein von seiner Schönheit Verwöhnter und seine Antworten sind von dieser halbherzigen Nörgeligkeit eines gelangweilten Prinzen.

Dann ziehen die schlenderten Menschen mit Geräuschen und Bewegung in bunten Sommerkleidern den Vorhang zu.